reisen als flucht

Reisen als Flucht? – Gedanken einer Reisenden

Ein Thema, das mich sehr beschäftigt und wie ich finde, direkt zu mir passt. Das Gefühl in sich tragen, ich will weg, ich will was Anderes sehen! Die Fragen, die ich mich dazu stelle:“ Ist es Flucht?“ Was ist der Grund, das ich schon wieder weg will? Und warum, kann ich mich nicht mit einem normalen Urlaub, a la zwei Wochen Griechenland mit Freund zufriedengeben?

Nein, ich liebe es alleine zu reisen, das erste Mal, als ich 17 Jahre alt war: zu einer Sprachreise für zwei Wochen nach Ravenna, dann der Umzug nach Innsbruck, für zwei Jahre. Letztes Jahr im nach Ghana zur Freiwilligenarbeit und nun im Oktober für einen Monat nach Neuseeland.

Trotz Partnerschaft, trotz Arbeit, trotz tollem Wohnort im schönen Südtirol. Ich kann und will mich einfach nicht mit dem zufriedengeben. Tief in mir sind so viele Sehnsüchte. Wie könnte ich diese Sehnsüchte beschreiben? Zum größten Teil, der Wunsch nach mehr. Es muss einen Ort geben, es muss eine Person geben, es muss eine Tätigkeit geben, die mich erfüllt, und das finde ich nicht hier.

reisen als flucht

Während ich das geschrieben habe, merke ich und möchte dies auch gleich klarstellen, man findet das Glück nicht im Äußeren, sondern nur im Inneren. So meinte dies auch Goethe mit dem wunderschönen Spruch. Das Glück liegt immer in einem selbst, das braucht man nicht im Außerhalb zu suchen. Ich bin für mich und mein eigenes Wohlbefinden selbst verantwortlich.

Deshalb war meine Formulierung, meine Suche nach Mehr, nicht zwingend auf eine Person bezogen, sondern auf Entfernung.Durch die Distanz zum Alltag, lerne ich die Dinge, welche ich habe, immer wieder von einer anderen Seite kennen. Der Horizont öffnet sich, das Herz öffnet sich, die Neugier erwacht, das Leben in einem erwacht.

Ich blühe auf, wenn ich reise. Ich habe einfach die Möglichkeit, mich statt mit den alltäglichen Problemchen mit anderen, wichtigeren Dingen zu beschäftigen. Man macht tolle Bekanntschaften, lernt neue Menschen kennen, die überall auf der Welt zerstreut leben. Je mehr man Menschen aus anderen Kulturen kennenlernt, desto mehr übt man sich über seinen Horizont zu begeben.

Das Leben spielt sich nicht nur in deiner kleinen Heimatstadt ab, das Leben ist so viel mehr. Es bietet so immense Landschaften, Schönheiten und atemberaubenden Momente und ein unbeschreibliches Freiheitsgefühl, dass man bekommt, wenn man durch die Welt reist.

Für mich ist nicht mein Heimatort mein Zuhause. Für mich ist mein Zuhause dort, wo ich gerade bin, wo ich mich zurückziehen kann, wo ich meine eigene Ruhezone habe. Klar, ist es emotional ein Unterschied, ob ich jetzt hier in Südtirol bin oder in München. Aber ich weiß genau, wenn ich in München wohnen würde, würde ich mich dort genauso zuhause fühlen, wie hier in Südtirol. Wie das geht? Ich merke einfach, dass ich mich selbst braucheund wenn ich michwohl fühle, dann brauche ich nichts anderes. Dieses Gefühl, kann man überall auf der Welt finden.

reisen als flucht

Die Welt ist mein Zuhause. Überall auf der Welt gibt es wunderbare Seelen, die immer für einen da sind. Ich möchte dir kurz einen wunderbaren, so einzigartigen Moment aus meiner Zeit in Ghana beschreiben. Einmal hatte ich Kreislaufprobleme, in mitten eines großen Platzes in Ghana, ich bin umgefallen, und dann nach kurzer Zeit wieder zu mir gekommen.

Wildfremde Menschen haben mir geholfen, haben mich und meine zwei Freundinnen zusammen ins Krankenhaus gebracht, haben sich um mich gekümmert. Ich möchte nochmals betonen, es waren wildfremde Menschen, die mir damals so sehr geholfen haben – und durch diesen Moment habe ich einfach die Angst verloren – es ist immer jemand für einen da.

Das gibt so viel Vertrauen. So lange ich nicht aus meiner Komfortzone a la „ich bleibe immer zuhause, da sind Menschen, die ich kenne, und die mir helfen“ ausbreche, werde ich dieses Vertrauen gar nie lernen können.

Aus dem Grund, brecht aus, macht euch auf euren Weg, wenn in euch die tiefe Sehnsucht nach Weite, nach Neuem, nach Abenteuer herrscht. Reisen macht klüger, reisen macht schöner, reisen macht jünger, reisen macht dich zu einem neuen Menschen – ich muss es nur zulassen!

Gestern als ich spazieren war, hatte ich einen immensen Glücksmoment: hergeholt durch all die wunderbaren Gefühle, Momente, Besonderheiten. Genau diese, welche ich auf Reisen kennengelernt und in mich aufgesogen habe. Es stimmt einfach, dass man von den Reisen ein Leben lang positives mitnimmt. Es ist das wunderbarste sich wieder dieses Freiheitsgefühl, wieder herzuholen. Dann merke ich wieder: Es ist alles in mir!

Zur Autorin: Lisa ist 24 Jahre alt, geboren und wohnhaft in Südtirol. Zwischenzeitlich hat sie in Innsbruck gewohnt und versucht ihren Weg zu finden. Aktuell ist sie immer noch auf der Suche nach Ihrem Herzensweg.

9 Comments

  • Hallo Claudia und Lisa,

    vielen Dank für diesen Artikel!
    Es beruhigt mich zu wissen, dass ich nicht die Einzige bin, die ständig den Wunsch nach reisen, eben Fernweh, hat! Hatte mir schon Sorgen gemacht. Aber ich frage mich jetzt ein wenig, ob es nicht doch eine Art Flucht ist…aber wovor? Naja…
    Seit 2 Monaten habe ich nun auch meinen eigenen Reiseblog (reisefanatikerin.de). Es ist viel Arbeit…aber es macht total viel Spass.

    Viele Grüsse.

    Eure Reisefanatikerin

  • Liebe Jessica,

    toller Beitrag. Ein Thema, zu dem ich schon lange etwas schreiben wollte. Ist noch nicht passiert. Vielleicht passiert es jetzt während meiner Ruhephase in Schleswig-Holstein. Mal sehen …

    Alles Liebe,
    Claire

  • Nach über 16 Jahren „auf der Flucht“ kann ich sagen: Ja, ich denke schon, dass Reisen immer ein bisschen Flucht ist. Vor allem, wenn man sein Leben so gestaltet oder gar seinen Beruf so wählt, dass man tatsächlich immer viel unterwegs ist. Aber Flucht muss ja auch nichts Schlechtes sein! 🙂

  • Schöne Gedanken… Gedanken und Gefühle, die ich teilweise teile und teilweise nicht. Ohne jetzt genauer darüber zu reflektieren möchte ich nur teilen, wie es mir auf Reisen geht.

    Ich und mein Rucksack. Unterwegs. Fremde Stadt. Fremde Menschen. Fremdes Hotelzimmer. Ich packe den Rucksack aus (ggf. auch nur teilweise) – und fühle mich zu Hause. Im Liegewagen. Im Schlafsaal vom Hostel. Im Hotelzimmer…

    Viele schöne Reisen wünsch ich dir und viele neue zu Hauses 😉

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